Ein Baby zeigt uns, wie sehr wir lieben können. Es bedeutet Erfüllung und ist das größte Glück auf Erden. Der neue Alltag mit Kind hat aber auch eine andere Seite. Viele Mütter erleben in der ersten Zeit mit Baby neben all den Kuscheleinheiten und der Dankbarkeit auch Reizüberflutung, Überforderung und Erschöpfung.
Sie finden sich plötzlich in einer neuen Rolle wieder und verspüren oft den Druck, ein gesellschaftliches Ideal zu erfüllen. Sie zweifeln an sich und sind hin- und hergerissen zwischen mütterlicher Fürsorge, Familienorganisation und dem Befriedigen der eigenen Grundbedürfnisse.

Das Kernthema von AUSGEWOGENgut ist eine ausgewogene Ernährung, die sich durch entsprechende Organisation gut im neuen Alltag von Müttern und Vätern umsetzen lässt. Weil gesunde Mahlzeiten jeden Tag für kleine Genussmomente sorgen können. Und uns außerdem mit der nötigen Energie und wichtigen Nährstoffen versorgen. Unter anderem habe ich ganz konkret zu diesem Thema den Beitrag So organisierst du dich, damit das Kochen auch mit Baby klappt geschrieben.

Mit meiner neuen Interview-Serie „5 Fragen an…“ möchte ich zusätzlich Expertinnen aus themenverwandten Bereichen zu Wort kommen lassen. Für die erste Ausgabe habe ich Lisa Laufer, Psychologin und selbst Mutter, gebeten, frischgebackenen Müttern ein paar Tipps mit auf den Weg zu geben, die für weniger Druck und mehr Genuss im neuen Alltag mit Kind sorgen.

Hallo Lisa! Schön, dass du dir die Zeit nimmst. Bevor wir starten, stell dich doch bitte kurz vor: wer bist du, was machst du und was sind deine Schwerpunkte?

Ich bin Mutter von zwei kleinen Kindern (3 Jahre und 8 Monate) und beruflich als Psychologin und Coach tätig. Ich unterstütze hochsensible Frauen dabei ein entspanntes und glückliches Leben zu führen. Ich helfe ihnen, ihren Stress abzubauen, bringe ihnen bei zu entspannen und zeige ihnen wie sie zukünftig Stress und Anspannung, Reizüberflutung und Erschöpfung vorbeugen, um Ausgeglichenheit und Harmonie in ihr Leben zu bringen.

 

1. Welchen Herausforderungen begegnest du, wenn du mit frischgebackenen Müttern sprichst?

Viele Frauen stellen ziemlich schnell fest, dass ein Alltag mit Baby nicht immer das ist, was sie sich vorgestellt haben: Sie sind 24/7 mit ihrem Baby zusammen, müssen parallel Erledigungen tätigen, ihren Haushalt organisieren, für Freunde da sein, müssen sich um die Familie kümmern, eine gute Partnerin sein und vor allem eines, eine liebende und sorgende Mutter sein. Das sind ziemlich viele Aufgaben, die man als frischgebackene Mutter übernimmt und die einen ganz schön (über-) fordern können.

Was dann noch hinzukommt, sind (gut gemeinte) Ratschläge aus dem Umfeld, wie man seine Kinder zu erziehen und sein Leben zu führen hat. Kein Wunder, dass viele Frauen das Gefühl haben all dem nicht gerecht werden zu können.

Zudem haben die Frauen anfangs noch keinen Anschluss zu anderen Müttern und daher nicht die Möglichkeit sich über die Herausforderungen, die das Mama sein mit sich bringt, auszutauschen. So entsteht vielmals das Gefühl, allein mit seinen Problemen zu sein.

Was in den meisten Fällen hinzukommt ist, dass sich die Frauen mit anderen Müttern vergleichen, die ihr Mama sein voll und ganz genießen und alles unter Kontrolle zu haben scheinen.
Wenn man dann feststellt, dass es bei einem selbst anders aussieht, dann kommt das Gefühl als Mutter nicht gut genug zu sein.

 

2. Woran liegt es, dass Mütter die Zeit mit Baby nicht immer genießen können?

Vielen wird erst dann richtig bewusst, dass die Geburt eines Kindes ein einschneidendes Ereignis ist, wenn das Kind bereits auf der Welt ist. Die neue Rolle als Mutter bringt nicht nur neue Aufgaben mit sich, sondern sie stellt das eigene Leben regelrecht auf den Kopf.

Wenn man zuvor mit seinem Partner allein gelebt und viele Freiheiten genossen hat, stellt man auf einmal fest, dass man rund um die Uhr mit seinem Baby zusammen und nur noch damit beschäftigt ist, die Bedürfnisse des Kindes zu stillen.

Keine Möglichkeit zum Zurückziehen, keine Zeit mehr für sich. Für viele Mütter ist das nur schwer auszuhalten.

Zudem haben viele Frauen das starke Bedürfnis, ihrer Rolle als Mutter gerecht zu werden.

Wenn wir aber ehrlich sind, dann ist das Bild der perfekten Mutter, welches die Gesellschaft uns auferlegt, nicht umsetzbar:

Eine Mutter soll sich Vollzeit um das Kind kümmern, es selbst betreuen und stillen, jedoch gleichzeitig wieder arbeiten gehen und das Bild der schönen und erfolgreichen Frau vermitteln.
Und wenn man dann als junge Mutter beginnt sich mit anderen Müttern zu vergleichen, dann kann man sich eigentlich nur schlecht fühlen und dann ist es auch nicht verwunderlich, wenn man die Zeit mit Baby nicht genießen kann.

 

3. Es gibt Menschen, die auf Veränderungen, äußere Reize und Emotionen besonders sensibel reagieren. Was steckt dahinter?

Genau, höchstwahrscheinlich gehören diese dann zu den 20% der Menschen, die hochsensibel sind. Diese Menschen (Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen) reagieren von Natur aus sensitiver auf wahrgenommene Reize und verarbeiten diese auch tiefer. In vielen Fällen stellen Frauen erst durch das Mutter werden fest, dass sie hochsensibel sind, da diese Zeit als sehr emotional, intensiv und belastend erlebt wird.

Wie kann man jetzt feststellen, ob man selbst hochsensibel ist?

Zum einen kann man natürlich Selbst-Tests ausfüllen (z.B. auf meiner Website), zum anderen lässt es sich gut an einem Beispiel erklären.

Nehmen wir eine Situation, die wahrscheinlich jede Mutter kennt: Du bist im Auto unterwegs und das Baby fängt an zu weinen. Du weißt unmittelbar, dass es Hunger hat und dass es noch 5 Minuten bis nach Hause sind, weshalb du nicht anhalten, sondern lieber zuhause stillen/ füttern möchtest.

Was macht das jetzt mit der Frau?
Sie kann das Schreien nicht einfach ausblenden (hochsensible Menschen haben einen durchlässigeren Wahrnehmungsfilter), sondern sie erlebt es sehr intensiv, weil sie mit ihrem Baby regelrecht mitleidet. Das liegt zum einen daran, dass der Fokus von hochsensiblen vor allem auf emotionalen Informationen liegt, zum anderen aber auch an einem hohen Maß an Empathie, das einhergeht mit der fehlenden Fähigkeit sich nicht abgrenzen zu können. Zudem wird diese Person vielleicht gleichzeitig noch etliche Reize aus der Umwelt wahrnehmen (Informationen, die alle Sinneskanäle ansprechen: den Geruch im Auto, das Blinken der Leuchtreklamen, den vorbeilaufenden Hund, die Sirene in der Ferne…). Wenn sie dann endlich zuhause ist, ist sie komplett erschöpft, möchte am liebsten nur schlafen und die ganze Situation geht ihr noch lange nach, obwohl das Weinen von Babys ja etwas Alltägliches ist.

Und wie kann man sich nun am besten schützen?

Zuerst einmal muss man sich seiner Hochsensibilität bewusst werden. Im nächsten Schritt geht es darum das eigene Stressniveau zu senken, das durch die dauerhafte Belastung als Mutter erhöht ist. Und im dritten Schritt sollte man lernen vorzubeugen, indem man auf sich achtet oder eine Entspannungstechnik lernt.

 

4. Welche Tipps für mehr Ausgeglichenheit kannst du frischgebackenen Müttern mitgeben, sodass sie ihren neuen Alltag mit Baby in vollen Zügen genießen können?

Weil ich weiß, dass Mütter besonders unter Zeitmangel leiden, versuche ich ein paar Tipps zu teilen, die einfach und mit Baby anzuwenden sind.

Tipp 1: Versuche deinen Perfektionismus loszulassen. Du musst und kannst als Mutter nicht perfekt sein, weil perfekt unmöglich ist. Überlege also einmal welche Ansprüche du an dich selbst stellst und frage dich dann, ob du das von deiner besten Freundin verlangen würdest.

Tipp 2: Sorge für dich selbst. Mit größter Selbstverständlichkeit kümmerst du dich um dein Baby, um deine Familie und um den Haushalt. Aber mal Hand auf’s Herz, wann hast du dich zuletzt um dich gekümmert? Überlege dir, wie du dir etwas Gutes tun kannst und frage jemanden, dass er in der Zeit auf dein Baby aufpasst. Die Zeit für sich ist unglaublich wichtig, um mal wieder aufzutanken.

Tipp 3: Atme. Bis du die Zeit findest eine Entspannungstechnik, wie z.B. Autogenes Training zu lernen, möchte ich Dir eine Technik zeigen, die du sofort und mit Baby anwenden kannst:

Setze dich bequem hin (das geht auch mit Baby auf dem Schoß), schließe deine Augen und atme ein paarmal tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Lass dann deinen Atem wieder normal weiterfließen. Beobachte dann einfach nur deinen Atem, wie er in den Körper hinein- und wieder herausströmt. Wie sich beim Einatmen deine Bauchdecke hebt und beim Ausatmen wieder senkt. Atme dann noch einmal tief ein und aus, recke und strecke dich und öffne wieder deine Augen.

Diese kurze Übung bringt dich herunter, hilft dir deine Gedanken mal herunterzufahren und gibt dir die Möglichkeit mal wieder zu spüren, wie es dir geht und was du jetzt brauchst.

 

5. Was rätst du Müttern in Hinblick auf Erledigungen? Ratschläge wie „Lass die Dinge einfach mal liegen.“ sind für viele nicht befriedigend. Wenn Mama in kurzen Schlafphasen des Babys priorisieren muss zwischen duschen, kochen, Wäsche waschen und Telefonate erledigen kann das schon auch für Frustration sorgen.

Stelle dir eine Frage und höre dabei auf dein Herz: Was kannst du tun, damit es dir und deinem Baby gut geht? Mehr nicht. Wenn du dir diese Frage ehrlich beantwortest, dann wird es dir leichter fallen zu entscheiden, was wirklich erledigt werden muss, was abgegeben werden und was auch mal warten kann.

Zum Schluss möchte ich allen LeserInnen eine kleine Übung schenken, die ihnen hilft herunterzukommen, die Energie liefert und die vor allem gut tut. Hier geht’s zur Übung „liebevoller Atem“

Liebe Lisa, ich danke dir für deine Zeit und die großartigen Tipps!